Dass Frauen in Pflegeberufen häufiger zu finden sind, als Männer, ist uns allen wahrscheinlich bewusst – und wird den meisten tagtäglich vor Augen geführt. Doch auch in der Pflege zuhause sind es überwiegend Frauen, die sich der herausfordernden Aufgabe stellen – und am Ende haben sie viel zu oft das Nachsehen.
Ich gebe zu, für einen Freitag im Mai, der mit Sonnenschein ins Wochenende lockt ist das Thema heute ein wenig schwere Kost. Trotzdem frage ich mich immer wieder, warum unsere Gesellschaft immer noch so stark an Rollenbildern festhält. Warum machen hauptsächlich Frauen einen Beruf, der schlecht bezahlt wird, körperlich anstrengend und psychisch belastend ist und bekommen dafür nicht einmal den Respekt unserer Gesellschaft?
Der Pflegeberuf ist in weiblicher Hand, zumindest an vorderster Front. Wie in anderen Berufsgruppen auch, finden wir gerade in der Pflege ein klassisches Rollenschema, das unsere Gesellschaft scheinbar nur langsam aufgeben möchte. Laut Ergebnissen der Pflegestatistik beträgt der Frauenanteil in ambulanten Pflegediensten rund 88 Prozent, in Pflegeheimen rund 85 Prozent.
Doch dieses Rollenschema in der Pflege findet sich nicht nur in den Pflegeberufen. Auch in der häuslichen Pflege sind es überwiegend Frauen, die sich um Eltern oder Partner kümmern. Diese Rollenverteilung beginnt aber nicht erst im Alter. Sind die Kinder noch klein, ist es höchstwahrscheinlich die Frau, die sich beruflich zurücknimmt, um sich zu kümmern.
Eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der R+V Versicherung hat im Jahr 2013 ergeben, dass rund 6 Millionen Menschen in Deutschland ihre Angehörigen zuhause pflegen. Zwei Drittel der Pflegenden sind Frauen. Dabei fühlen sich fast 70 Prozent der Frauen mit dieser Aufgabe stark bis sehr stark psychisch belastet. Knapp 50 Prozent spüren sich stark oder sehr stark körperlich belastet.
Die Pflege der Angehörigen nimmt dabei einen Großteil des Lebens ein, so dass die Ausübung des Berufs kaum mehr möglich ist. Daraus resultierend machen sich viele Frauen nicht nur Sorgen, der Belastung psychisch wie physisch nicht mehr standhalten zu können, sondern auch um die finanzielle Zukunft – vor allem, wenn man selbst zum Pflegefall wird.
Pflege auf Hartz-IV-Niveau
Durch geringere Bezahlung, geringeres Erwerbseinkommen und berufliche Einschränkung durch die Pflege der Kinder und später auch der Eltern oder des Partners, zahlen Frauen durchschnittlich weniger in die Renten- und Pflegeversicherung ein. Auf der anderen Seite leben Frauen im Durchschnitt fünf Jahre länger als Männer und werden selbst pflegebedürftig, so dass ein Pflegeheim an dieser Stelle ein Muss wird.
Der Pflegereport der Barmer GEK geht aufgrund dieser Tatsachen davon aus, dass Frauen durchschnittlich 45.000 Euro Eigenkapital – zusätzlich zur Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung – aufbringen müssen, um im Fall des Falles eine angemessene Pflegeleistung zu erhalten. Wer zum Pflegefall wird und kein verwertbares Vermögen oder Unterhaltsanspruch an Partner oder Kinder hat, gerät zwangsläufig in die „Pflegefalle“ und wird zum Sozialfall.
Neue Rahmenbedingungen für häusliche Pflege und Erwerbstätigkeit
In der Politik wird derzeit nur über die Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit diskutiert. Was hierbei aber vergessen wird, ist, dass sich die Situation im Alter kaum ändert, wenn ein Familienmitglied zum Pflegefall wird. In einer alternden Gesellschaft müssen also nicht nur für junge Familien neue Rahmenbedingungen und Perspektiven geschaffen werden, sondern auch für die ältere Generation.
Das größte Problem ist hier leider immer noch, dass es unserer Gesellschaft an Wertschätzung für die Pflege mangelt – sowohl im häuslichen Bereich als auch im Berufsleben. Wenn das Umdenken unserer Gesellschaft hier nicht schneller stattfindet, nutzt letztlich auch alles diskutieren nicht.
An dieser Stelle soll aber auch gesagt sein, dass der Respekt für die tägliche Arbeit in der Pflege allen hier Tätigen gilt – Frauen wie Männern!